Die EZB hat zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen die Leitzinsen im Euroraum erhöht. Dabei handelt es sich um die höchste Anhebung seit der Einführung des Euro im Jahr 2002. Die gestrige Erhöhung über 75 Basispunkte auf 1,25 % wird nicht die letzte sein. Sie ist deshalb so hoch ausgefallen, damit der Übergang zum angestrebten Inflationsniveau von 2 % schnell erreicht werden kann.
Bereits bei der letzten Zinserhöhung wurden Stimmen laut, dass der 0,5 %-Schritt vom Juli 2022 viel zu spät und zu gering ausfiel. Zumindest letzteres kann sich die EZB diesmal nicht nachsagen lassen. Sie folgt damit dem Beispiel anderer Zentralbanken der Welt. Die FED hat im Juli ebenfalls einen Zinsschritt von 0,75 % gewagt und auch Großbritannien hat die Zinsen heuer schon mehrfach angehoben, zuletzt im August auf 1,25 %.
Die Warnung vor einer Rezession aufgrund der zu schnellen Abkehr der lockeren Geldpolitik der letzten Jahre steht im Raum. Nicht ganz unberechtigt, schränken doch höhere Zinsen die Investitionsbereitschaft von Unternehmen stark ein, die auf Kredite angewiesen sind.
Der Sparkurs von Betrieben setzt einen Teufelskreis über höhere Arbeitslosigkeit bis hin zu geringer Kaufkraft bei Konsumenten in Gang. Die Zinsanhebung scheint trotzdem alternativlos. Bei der derzeitigen Inflation von rund 9 % und den vervielfachten Energiepreisen ist ein Eingreifen dringend notwendig, bzw. fehlende Kaufkraft sowieso schon vorhanden. Die aktuelle Prognose der EZB beläuft sich auf eine heutige Inflation von 8,1 %, für 2023 5,5 % und für 2024 auf 2,3 %. Das Ziel der Zentralbank von 2 % wird also noch für längere Zeit verfehlt.
An der Börse scheinen die Erhöhungen bereits erwartet worden zu sein. Der ATX eröffnete heute bei Handelsbeginn bei 2.945,62 Punkten, um 0,23 % höher als gestern. Auch der DAX freute sich über 0,17 % plus bei 12.926,15 Punkten. Der Euro Stoxx 50 ist ebenfalls leicht in der Gewinnzone, genauso wie der Eurokurs.
Grundsätzlich kann immer wieder ein Fallen der Börsen bei Zinsanhebungen gesehen werden. Im Zuge eines weiteren Ausblicks stehen einige marktbelastenden Faktoren an: Die für den Aktienmarkt so wichtigen USA haben zuletzt schon Leitzinserhöhungen angekündigt, steigende Kreditzinsen haben Auswirkungen auf den Konsum und wie wir durch die anhaltende Energiekrise über den Winter kommen, werden wir erst noch sehen. Ein schwacher Euro und Lieferschwierigkeiten existieren auch noch weiterhin. Aus diesen Gründen wird sich das Wirtschaftswachstum demnächst deutlich verlangsamen.
Die nächsten Notenbanksitzungen finden am 21. September (FED) und am 27. Oktober 2022 (EZB) statt.
Zum Beitrag der EZB
© 2022-2024 Finanzgeier